323 Stollen – das Schutzraumnetz „Innere Stadt“

Nach mehr als vier Jahren intensiver Archivforschung erschien Ende September 2025 mein Buch „323 Stollen. Bauliche Relikte nationalsozialistischer Zwangsarbeit unter Wiens City“ in zwei Bänden im StudienVerlag. Darin beschreibe ich auf etwa 880 Seiten das Bauprojekt des Schutzraumnetzes „Innere Stadt“ und die damit zusammenhängende Zwangsarbeit.

Band 1 beleuchtet die Überlegungen zur Schaffung des Schutzraumnetzes, wichtige Besprechungen der führenden Köpfe des NS-Regimes zu den Luftschutzmaßnahmen der Wiener Gemeindeverwaltung und auf welche Einzelperson die Idee zu diesem Fluchtweg- und Schutzraumsystem zurückgeführt werden kann. Weiters behandle ich die Material- und Baustofflage sowie den Baufortschritt und die Freigabe des Systems als öffentlicher Luftschutzraum für die Bevölkerung.

Besprochen werden zudem die Stollenbautechnik, die der Herstellung der Stollen zwischen den tiefen Kellern zugrunde lag, die Elektrifizierung der Keller und Stollen zur Montage der Lampen, die Ausstattung mit Adress- und Richtungsschildern zur Orientierung der schutzsuchenden Menschen im gleichförmigen dunklen Untergrund und die medizinische Versorgung, die den Schutzsuchenden zur Verfügung stand.

Zahlreiche Aspekte wie etwa die angedachte Verwendung des unterirdischen Systems als Rüstungsverlagerung, die Sprengung von Brandgassen durch den ersten Bezirk oder die Gefahren im Luftschutzkeller bieten eine zusätzliche Perspektive auf das Bauprojekt.

Im Zuge der Recherche ursprünglich in der Wienbibliothek aufgetauchte Originalbilder aus 1944 zeigen die Bauarbeiten im Moment des Geschehens. Das Buch endet mit zahlreichen Kurzbiografien sowohl der verantwortlichen Bauräte und Architekten als auch der im Projekt tätigen technischen Angestellten, Werkmeister, Zeichner und anderen Personals.

In Band 2 zeige ich, welche Bauunternehmen vom Stadtbauamt mit Arbeiten im Schutzraumnetz beauftragt wurden und wie die für die Verwaltung der städtischen Zwangsarbeit zuständige Unterabteilung G 45 AE aufgebaut war. Einen besonderen Rechercheerfolg stellen in diesem Zusammenhang die zahlreichen Drucksorten dar, die die Grundlage des administrativen Behördenalltags in der Organisation der Zwangsarbeit bildeten, denn die Akten dieser Unterabteilung blieben nicht erhalten.

Weitere Kapitel beleuchten die Rolle der Deutschen Arbeitsfront in der Lagerverwaltung und die durch die Reichsinspektion der zivilen Luftkriegsmaßnahmen organisierte Beistellung deutscher Bergleute aus Steinkohlebergwerken des Ruhrgebiets zur Schulung und Beaufsichtigung der Zwangsarbeiter*innen.

Einen Hauptteil des zweiten Bandes bilden tief reichende Einblicke in drei Zwangsarbeitslager der Wiener Gemeindeverwaltung, die mit dem Bau des Schutzraumnetzes in Verbindung standen – das Kriegsgefangenenlager K 1 für italienische Militärinternierte sowie die Lager X und 20-O, in denen osteuropäische Zivilarbeiter*innen lebten.

Auch in diesem Band bilden zahlreiche Kurzbiografien verantwortlicher Beamter, aber auch von Lagerführern, Unterlagerführer*innen, Dolmetscher*innen, Barackenwarten, Lagerinspekteuren, Krankenschwestern, einem Lagerarzt und anderem Personal einen großen Teil des Anhangs, wo auch wichtige Dokumente eingefügt wurden.

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